Süßlich würziger Samen mit mediterranem Flair
Anis oder Pimpinella anisum ist die für den menschlichen Verzehr bedeutendste Art aus der Gattung der Bibernellen. Sie gehört zur großen Familie der Doldenblütler – botanisch Apiaceae – und hier zur Unterfamilie der Apioideae. Über die Unterfamilie ist der Anis verwandt mit einer Reihe an ausgesprochen giftigen Arten wie dem Wüterich (Cicuta virosa), aber auch mit zahlreichen Arten, die als Küchenkräuter, Gewürze, Heilpflanzen oder Gemüse geschätzt werden. Diese zeichnen sich meist wie der Anis selber durch sehr aromatische Eigenschaften aus. Als Beispiele können hier Sellerie, Fenchel, Petersilie, Koriander, Kümmel (Anis wird gelegentlich auch als “süßer Kümmel” bezeichnet), Kreuzkümmel und Kerbel genannt werden. Dies gilt auch für die ebenso verwandte Möhre, von der allerdings meist nur die rübenartigen Wurzeln Verwendung finden, obwohl auch das Grün leicht getrocknet und aufgrund des höheren Gehalts an Falcarinol nicht in zu großen Mengen genutzt werden kann.
Auch der Dill ist über die Unterfamilie Apioideae mit dem Anis verwandt, was seine Namensgebung erklärt. Das Wort Anis stammt nämlich vom griechischen Wort “anethon” und bedeutet eigentlich Dill. Hier liegt eine Verwechslung zugrunde, die schon in der Antike beispielsweise bei der Übersetzung griechischer Texte für Verwirrung gesorgt hat.
Herkunft und Anbaugebiete von Anis
Ursprünglich stammt Anis aus dem Raum des östlichen Mittelmeers. Das genaue Herkunftsgebiet könnte zwischen Albanien und Kroatien liegen. Auch Ägypten kommt als Heimat des Anis in Frage, wo er schon ebenso wie auf Kreta früh, um 1.500 vor Chr., kultiviert wurde. Heute ist Anis in allen mediterranen Gebieten sowie auf dem indischen Subkontinent und in Mittel- sowie Südamerika verbreitet. Der weltweit größte Produzent von Anis ist aber der zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer gelegene Föderationskreis Südrussland.
Die einjährige Pflanze kann bis zu 60 Zentimetern groß werden und hat petersilienähnliche Blätter. Um sein ganzes Aroma zu entwickeln, braucht der Anis viel Sonne. Dann macht die Pflanze durch einen süßlichen Duft auf sich aufmerksam. Im Spätsommer sind die graugrünen bis gelb- oder dunkelbraunen Samen reif für die Ernte und werden durch dreschen von der Pflanze getrennt.
Das steckt in Anis
Der Geschmack des Anis ist so kräftig wie nuancenreich. Da sind süße aber auch herbe Akzente sowie ein deutliches Aroma nach Lakritz. Verantwortlich dafür ist im Wesentlichen der Hauptbestandteil des ätherischen Anisöls, das trans-Anethol. Im getrockneten Samen macht das Anisöl zwei bis sieben Prozent aus, wovon 80 bis 90 Prozent aus trans-Anethol besteht.
Eine ähnliche Zusammensetzung findet sich übrigens auch im chinesischen Sternanis (Illicim verum), der aufgrund höherer Erträge und niedrigerer Preise mehr und mehr den Anis in industriellen Produkten ersetzt, mit diesem aber nicht verwandt ist. Darüber hinaus enthält Anis sekundäre Pflanzenstoffe wie die würzig aromatischen Cumarine Bergapten, Scopoletin, Umbelliferon und Umbelliprenin sowie die antioxidativen Flavonoide Isoorientin (nach (1) auch entzündungshemmend), Isovitexin und Rutin. Insgesamt 50 Prozent des Samens machen Kohlenhydrate aus, wobei der Rohfasergehalt zwischen 12 bis 25 Prozent liegt. Proteine bilden 18 Prozent und Lipide 16 Prozent der Samen.
Anis in Speisen und Getränken
Aufgrund seiner aromatischen Eigenschaften erfreut sich der Anis seit Jahrtausenden großer Beliebtheit als Würzbestandteil in Nahrungs- und Genussmitteln. Seine alternative Bezeichnung als Brotsamen weist darauf hin, dass er gerne dem Brotteig sowie anderen Backwaren zugesetzt wird. Auch in Zuckerwerk findet sich der Anis oft wieder. Häufig bildet er zudem einen Bestandteil in Parfüms.
Klassisch ist Anis als Zusatz in gewürzten Weinen. Dies hat sich bis heute im Glühwein erhalten und zum Charakter der typisch mediterranen alkoholischen Destillaten geführt. Die milchige Trübung die hier bei der Mischung von Ouzo, Pastis, Raki oder anderen Vertretern dieser Getränkearten mit Wasser entsteht, beruht übrigens auf den sogenannten Louche-Effekt. Das ist eine spontane Emulsion, die durch die ätherischen Öle im Anis verursacht wird.
Anis als Heilpflanze
Traditionell wird der Anis seit der Antike auch als Heilpflanze eingesetzt. Äußerlich angewendet wurde er in Salben unter anderem gegen Entzündungen aufgetragen. Als Aufguss aber auch als Zutat in Speisen standen seine verdauungsfördernden Eigenschaften sowie seine lindernden Effekte bei Beschwerden des Magen-Darm-Traktes im Mittelpunkt. Die ätherischen Öle des Anis wurden darüber hinaus als hustenlösende Mittel geschätzt. Eine weitere sehr frühe Anwendung des destillierten Anisöls bestand in der Bekämpfung von mikrobiellen Schädlingen und bei Pilzbefall. Zu letzterem konnte eine Studie der Osaka City University, Japan, in einer Studie herausfinden, dass das trans-Anethol im Anisöl zu etwa 85 Prozent verhindert, dass der Schimmelpilz Mucor mucedo ein Eiweiß zum Aufbau seiner Zellwände nutzen konnte (2). Antibakterielle Effekte konnten klinisch bisher nicht hinreichend nachgewiesen werden. Wenn in Untersuchungen Erfolge erzielt werden konnten, dann als unterstützende Wirkung bei der Verabreichung einiger Antibiotika (3). Auch die wohltuende Wirkung auf Bronchien, bei Husten und asthmatischen Beschwerden ist bisher klinisch nicht ausreichend belegt. Dies gilt darüber hinaus für positive Effekte auf den Magen-Darm-Trakt. Dennoch wurde Anis im Jahre 2014 zur Heilpflanze des Jahres gekürt. Die appetitanregende Wirkung hingegen kann durch Erfahrungswerte bestätigt werden. Zu achten ist dabei aber darauf, dass durch die Flüchtigkeit der ätherischen Öle die Haltbarkeit der Anissamen bei einer lichtgeschützten Aufbewahrung in einem geschlossenen Behälter auf etwa ein Jahr begrenzt ist.
Quellen:
(1) da Silva, V. C., et al., Anti-inflammatory activities of flavonoids from Luxemburgia octandra flowers, in: Chemistry of Natural Compounds, January 2011, Volume 46, Issue 6, S. 961 – 963.
(2) Yutani, M., et al., Morphological changes of the filamentous fungus Mucor mucedo and inhibition of chitin synthase activity induced by anethole, in: Phytother Res., November 2011, S. 1707 – 1713.
(3) Gradinaru, A. C., et al., Screening of antibacterial effects of anise essential oil alone and in combination with conventional antibiotics against Streptococcus pneumoniae clinical isolates, in: Rev Med Chir Soc Med Nat Iasi, Apr-Jun 2014, S. 537 – 543.
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Linktipps:
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Bilder:
Anispflanze: © Bill Ernest – Fotolia.com
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